Die Geschichte unseres Hauses
Seit die Selige Maria-Teresa 1891 das kleine Haus in
Berlin eröffnet hatte, entstanden nun in vielen Ländern
Europas Karmelklöster dieser Art und die mit ihnen
verbundenen St. Josefs-Heime für Kinder und ältere
Menschen. Auch in den USA und in Kanada setzte sie ihr
gottgewolltes Werk fort. Einzelheiten darüber und über
die oft wunderbaren Fügungen der göttlichen Vorsehung
können in der Selbstbiographie unserer Stifterin
nachgelesen werden („Die Dienerin Gottes Mutter
Maria-Teresa“; Steyler Verlag).
Schließlich mietete die Stifterin am 1. September 1911
in Wien-Floridsdorf, Leopoldauer Strasse 123, ein
kleines Haus mit Garten, das für die Erziehung von
Kindern bestimmt wurde. Eine kleine Kapelle wurde
eingerichtet. Die kirchen-rechtliche Erlaubnis für die
Niederlassung der Kongregation war schon am 2. August
1911 erteilt worden; Kaiser Franz Joseph gab seine
Zustimmung wenige Tage vor Kriegsausbruch, am 25. Juli
1914.Als dann im Ersten Weltkrieg die Väter in den Krieg
zogen und die Frauen arbeiten gingen, wurden privat und
von der Stadt Wien so viele Kinder gebracht, dass das
Haus sich bald als viel zu klein erwies. Baron
Allmayer-Beck, ein edler Wohltäter, half den Schwestern.
Er fand in der Töllergasse 15 ein großes Haus mit
Garten, das auf 160.000 Kronen geschätzt wurde. Es
konnte gleich gekauft werden, da der genannte Mäzen
nicht weniger als 100.000 Kronen dafür widmete.
Ein besonderer Segen ruhte auf diesem Haus und als die
Stifterin 1920 nach ihrer Rückkehr aus Amerika das
große, schöne Haus sah, den Garten und den Spielplatz
für die Kinder, war sie höchst erfreut über all das, was
in schwerer Zeit geschehen war.
Im Erdgeschoß wurde die Kapelle errichtet (hier ist
heute der Kindergarten). Da sich viele junge Mädchen dem
Orden anschließen wollten, wurde ein Noviziat gegründet.
In den Jahren 1923 bis 1928 legten hier über hundert
Novizinnen ihre ersten Gelübde ab.
Die Kapelle war längst zu klein geworden. Ein
ungarischer Bischof, Graf Vay de Vaya, versprach, aus
eigenen Mitteln eine Klosterkirche zu bauen. Am 26.
Februar 1923 wurde der Grundstein gelegt; der Bau selber
geriet durch die Geldentwertung bald ins Stocken und
konnte erst 1928 vollendet werden.
Eine große Schuldenlast blieb für viele Jahre –
allerdings entging unser Haus deswegen der
Beschlagnahme. 1940 wurde die Kirche zur Pfarrkirche
erhoben, an deren Treppenaufgang heute ein Gedenkstein
an den ungarischen Wohltäter erinnert.
Nach 20 Jahren hatte sich das St. Josefs-Heim zu einem
wunderschönen Kinderheim entwickelt. Da kam das große
Leid über Österreich und im Jahre 1939 wurde mitgeteilt,
dass Ordensleute keine Kindererziehung mehr übernehmen
dürften. Deshalb wurden am 10. Juli 1939 die Kinder
fortgeholt und die gesamte Internatswäsche mit allen
Kleidern abtransportiert.
In ihrer großen Armut und Verlassenheit holte sich die
Provinzoberin beim Caritas-Direktor Rat. Dieser wurde
von Kardinal Innitzer gefragt, was mit den katholisch
gewordenen jüdischen Ehepaaren geschehen könnte. Der
Direktor fragte daher die Oberin, ob sie bereit sei,
diese aufzunehmen. „Natürlich gern“ – war die Antwort –
„wenn es die Regierung erlaubt“.
Über hundert dieser Benachteiligten kamen nun zu uns,
darunter Journalisten, ehemalige Offiziere, Künstler,
Bankdirektoren, Ingenieure, Ärzte, Lehrer, Lehrerinnen
und auch einfache Menschen. Den Schwestern hat man das
in gewissen Kreisen übel genommen; sie erhielten
vielfach den Namen „Juden- Schwestern“. Juden bekamen
nur die Hälfte der Nahrungsmittel und das Brot holte man
für sie sogar aus dem 1. Bezirk.
Nach und nach wurden alle wieder abgeführt, ihre ganze
Habe beschlagnahmt. Nun standen die Schwestern wieder
mittellos da.
Bald danach besetzten deutsche Soldaten, die einer
FLAK-Abteilung angehörten, das Haus. Auf der Spielwiese
entstanden Baracken, aus dem Keller wurde eine große
Funk- und Sendestation. Es war nun die Aufgabe der
Schwestern für die Wehrmachtsangehörigen zu waschen, zu
stopfen und zu nähen
Im August 1943 begannen die schweren Luftangriffe und in
der Umgebung ging ein Haus nach dem anderen in Flammen
auf. Die Fabrik „Elix“ wurde getroffen; die Belegschaft
flüchtete in einen Graben, 84 Menschen fanden den Tod.
Die Obdachlosen suchten in unserem Keller Zuflucht.
Sechs Soldaten, die auf unserer Wiese in Stellung waren,
wurde am 13. Oktober 1944 durch Bomben getötet. In der
Nachbarschaft waren fast alle Gebäude zerstört. Unser
Haus und die Kirche hatten keine Fenster mehr, die
Feuermauer war getroffen, das Dach beschädigt.
Aber das Haus selber stand noch und war Zufluchtsstätte
für viele. Die Menschen kamen verstaubt und geschockt in
unseren Keller. Wenn das Gebäude auch noch so oft
schwankte – am Ende stand es doch noch da (auch unser
erstes Häuschen in der Leopoldauerstraße 123 ist bis
heute bestehen geblieben).
Als die russische Front näher kam, entwickelte sich ein
schrecklicher Kampf. Auch von unserer Wiese und vom
Garten aus, wo die Kanonen standen, wurde geschossen.
Das letzte Opfer eines schweren Luftangriffes war unser
Ministrant Franz Krenn. Er wurde am nächsten Tag in
unserem Garten begraben – der 94. Tote aus der kleinen
Töllergasse.
Die deutschen Soldaten waren in kleinen Gruppen
fortgezogen, die Nacht auf den 15. April war unheimlich
still. Am anderen Morgen standen die Russen vor der
Türe. Sie zogen ein und verlangten Wein, Uhren und
Schmuck. Die Gefahr war sehr groß. Sie waren zum Glück
nur kurze Zeit im Haus, hinterließen allerdings ein
schreckliches Chaos.
Als sie abgezogen waren, wurde ein Dankgottesdienst, zu
Ehren des Heiligen Vater Josef, der alle 23 Schwestern,
alle Frauen und Männer im Haus beschützt hatte,
gefeiert.
Jetzt musste damit begonnen werden, der Unordnung Herr
zu werden. Alle Zimmer des Hauses waren von den
Obdachlosen belegt. Es gab keine Betten, die Fenster
waren mit Pappe oder Holz zugeklebt bzw. vernagelt.
Durch die getroffene Feuermauer kam eisige Kälte ins
ganze Haus. Die Heizung war kaputt. Gott hatte uns in
die Tiefe geführt – Er würde uns auch wieder aufwärts
bringen!
Unser Haus war so schwer beschädigt, dass an die
Eröffnung eines Kinderheimes nicht zu denken war. So
nahmen wir Flüchtlinge und obdachlose Menschen in
Pflege, woraus sich langsam, mit Gottes Hilfe, ein
Altenheim entwickelte.
Im Sommer 1946 konnte dann mit dem Wiederaufbau des
Hauses und mit der Renovierung der Kirche begonnen
werden. Kardinal Innitzer schickte wiederholte Male eine
größere Summe Geld, aus Amerika kam von Wohltätern Hilfe
und eine Frau, die wir mittellos aufgenommen hatten,
bekam unverhofft eine Erbschaft zuerkannt. Sie zahlte
die Kosten ihrer Unterbringung bei uns aus den letzten
sechs Jahren nach. Mit diesem Geld konnte ein Ofen für
die Zentralheizung finanziert werden. Auch der
Kindergarten erlebte beim Wiederaufbau einen neuen
Anfang.
Es war die Geduld vieler Jahre nötig, bis wieder alles
in Stand gesetzt war. Von 1947 bis 1951 wurde der
Bomben-trichter auf unserer Spielwiese mit
Abbruchmaterial zugeschüttet. Als dann die Planierung
fertig war, konnten ein schöner Park und ein großer
Kindergarten-Spielplatz angelegt werden. Der Rest des
Grundstückes wandelte sich in einen Garten mit Gemüse,
Obst und Blumen.
1955 musste ein Trakt angebaut werden, weil es so viele
Anfragen um Aufnahme in das Altersheim gab.
So war Vieles geschehen, doch die Arbeit brach nie ab.
Hier gilt ein besonderer Dank den Schwestern, die mit
unermüdlichem Fleiß, in steter Treue und Geduld ihre
Arbeiten verrichteten. Alle standen mutig auf ihrem
Posten, in der Arbeit und beim Gebet.
Schließlich wurde noch eine moderne Küche angebaut, über
der später ein Festsaal eingerichtet werden konnte.
Für die Vergrößerung der Kirche, die den neuen
liturgischen Anforderungen entsprechen sollte, traten
die Schwestern ihr Oratorium ab, bekamen aber seitlich
ein Neues dazu. Darüber bauten wir Einzelzimmer für die
Schwestern mit einem gemütlichen Aufenthaltsraum, wo sie
ihre abendlichen Erholungsstunden genießen. Vom Balkon
aus haben sie eine herrliche Aussicht über das gesamte
Areal.
Um die Verbindung vom alten ins neue Haus zu
erleichtern, wurde eine Halle errichtet und auch ein
großer Aufzug war unumgänglich geworden, um Kranke und
Behinderte befördern zu können. Durch eine Brücke, die
das Heim mit der Kirche verbindet, bekam der Innenhof
ein viel schöneres Aussehen. Ein großes Kreuz, das
früher im Hans-Hirsch-Park (auch Töllerpark genannt)
stand, ist der Mittelpunkt des Innenhofes.
Nach langwierigen Vermessungen und geduldig ertragenen
Anstrengungen konnte der Wolfgärtenplatz vor unserem
Haus von der Gemeinde Wien zurück erworben werden. Unter
der Leitung unseres Verwalters verwandelten „unsere“
fleißigen Männer diesen Platz in einen schönen
Ziergarten. In der Mitte des Platzes prangt die
Dreifaltigkeitssäule, welche im alten Stil nachgebaut
wurde.
Wir schätzen unsere Partner für emotionale und moralische Unterstützung.
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